Umberto Eco "Der Name der Rose" mit Dieter und Fabian Wien 

Theodor Storm "Der Schimmelreiter" mit Oliver Trautwein und Madeleine Lierck-Wien  

Johann Wolfgang Goethe "Iphigenie auf Tauris" mit Joachim Zschocke 

Frank Wedekind "Fritz Schwigerling oder Der Liebestrank" mit Eva Schubert und Roland Gawlick 

Eugene Ionesco "Die Stühle" mit Hans-Peter Minetti  

Henrik Ibsen "Gespenster" mit Renate Richter und Volker Ranisch   

August Strindberg "Totentanz" mit Hans-Peter Minetti 

Pierre Augustin Caron de Beaumarchais "Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag" 

William Shakespeare "Die lustigen Weiber von Windsor" mit Dieter Wien  

Anton Cechov "Der Kirschgarten" mit Anne-Else Paetzold und Lothar Förster 

Bernhard Shaw "Die heilige Johanna" mit Anna Hopperdietz 

Choderlos de Laclos "Gefährliche Liebschaften" mit Jürgen Lingmann 

Vera Oelschlegel "Die letzte Liebe des Marquis de Sade" mit Hans-Peter Minetti 

Herman Melville "Moby Dick" mit Oliver Trautwein, Felix Isenbügel, Claus Stahnke  

Harald Müller "Rosel"  

Lion Feuchtwanger "Goya" mit Dieter Wien, Oliver Trautwein, Sascha Gluth, Natalia Herrero-Szanto 

   

 

 

 

 

1991

Gründung des Tourneetheaters Theater des Ostens Berlin.

Mit diesem Theater als Prinzipalin, Regisseurin und Schauspielerin unterwegs. 

Der Name sollte sagen, woher wir kommen.

 

Das Theater arbeitete ohne Subventionen, ohne Sponsoring und spielte auf Tourneen in Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Luxemburg und Holland. Das Ensemble war mehrere Monate im Jahr mit Bus und Lkw für Dekoration und Technik unterwegs, mehr als  

10.000 km.

Von 1991 bis 2013 wurden auf Tourneen mehr als 1500 Vorstellungen gespielt.

 

2013 

Nach einer letzten Tournee mit Theodor Storms "Der Schimmelreiter" wurde Theater aufgelöst. 

 

Theaterstücke und -bearbeitungen:

„Die letzte Liebe des Marquis de Sade“;

„Der Schimmelreiter“ nach der  Novelle von Theodor Strom;

„Goya oder Der arge Weg der Erkenntnis“  nach dem Roman von Lion Feuchtwanger;
„Moby Dick“ nach dem Roman von Herman Melville.

 

Regiearbeiten

„Die letzte Liebe des Marquis de Sade“ von Vera Oelschlegel;

„Fritz Schwigerling oder Der Liebestrank“ von Frank Wedekind;

„Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow;

„Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit“ von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais;

„Kinder der Sonne“ von Maxim Gorki;

„Der Name der Rose“ nach Umberto Eco;

„Der Schimmelreiter“ nach Theodor Storm;

„Goya“ nach Lion Feuchtwanger;

„Moby Dick“ nach Herman Melville; u.a. 

 

 

Theater-Rollen

Eliza Doolittle, “Pygmalion” von Bernard Shaw;

Desdemona, “Othello” von William Shakespeare;

Inken Peters, „Vor Sonnenuntergang“ von Gerhart Hauptmann;

Karen, „Der mutige Seefahrer“ von Georg Kaiser;

Jenny Marx, "Salut an Alle. Marx“ von G. Kaltofen, H. Pfeiffer;

Anna I, „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“ von Bertolt Brecht/Kurt Weill;

Mouche, „Heines letzte Liebe“ von  

G. Kaltofen, H. Pfeiffer;

Stella, „Stella“ von Johann Wolfgang Goethe;

Fremde Dame, „Mann des Schicksals“ von Bernard Shaw;

Monolog, „Die Liebesgeschichte des Jahrhunderts“ von Märta Tikannen;

Lady Faulconbrigde, „König Johann“ von William Shakespeare;

Monolog, „Selbstversuch“ von  

Christa Wolf;

Alice, „Totentanz“ von August Strindberg;

Merteuil, „Quartett“ von Heiner Müller;

Die Alte, „Die Stühle“ von Eugène Ionesco;

Rosel, “Rosel” von Harald Mueller;

Phädra, „Phädra“ von Jean Racine;

Myra Bruhl, „Die Todesfalle“ von  

Ira Levin;

Iphigenie „Iphigenie auf Tauris“ von Johann Wolfgang Goethe;

Epifania, „Die Millionärin“ von Bernard Shaw; u.a.

 

 

Literarisch - musikalische Abende:

Zahlreiche Brecht-Abende unter verschiedenen Titeln wie  

„Grüner Schnaps und roter Mond“;   

„Denn wie man sich bettet, so liegt man“;

„Sieben Rosen hat der Strauch“;

„Mahagonny-Gesänge“.

 

„Lobreden und Schimpfgesänge“ - Heinrich Heine Abend;

„Recital RMRilke“ - ein Rilkeabend;

„Friedrich Nietzsche - Ich bin die Einsamkeit als Mensch“. - Ein Porträt;

„Ernst Jünger. Ein Porträt“;

„Der glücklose Engel oder Frauenbilder“ – Heiner Müller Abend.

 

 

 

 

Im Theater ist alles möglich.

Es ist eine Stätte der Wunder.

Das grösste Wunder allerdings ist,

dass es überhaupt vonstatten geht.

Karel Capek 

 

 

 

Geständnisse  

Aus einem Text von Dana Horakova über das Altern:

- „Angenehm ist das Alter nicht, aber es ist interessant.“

- Anti-Aging-Mittel?

„Gute Gene? Meine Urgroßmutter wurde 97, meine Mutter ist 100.“

- Wäre sie gerne nochmals jung?

„Neee. Das finde ich ungerecht: etwas doppelt zu kriegen, was jedem anderen nur einmal zusteht.“

- Erfindung, die sie am meisten beeindruckte?

„Geschirrspüler.“

- Botschaft an die Jüngeren?

„Lebt, liebt und arbeitet.“

- Motto?

„Frei nach „Scareface“, einem Film aus den 30er Jahren: „Tu es selbst, tu es gleich und höre nicht auf, es zu tun.“  Vielleicht sehr pragmatisch, aber auch auf alle seelischen und idealistischen Situationen anwendbar.“

- Fazit:

„Ich lebe gern, weil ich arbeite und liebe.“

 „Muss ich mich schminken“, fragt sie leicht verwirrt, sobald sie meinen erstaunten Blick (diese Frau soll bald 75 sein!?) wahrnimmt. Und als würde sie meine Gedanken lesen und meinen aufkommenden Neid ersticken wollen, folgt die Erklärung: „Gute Gene, sonst nischt.“

Dann schleppt sie eine koffergroße Tasche aus rosa Plastik aus der Wohnküche ins Nebenzimmer: „Das ist das Bein von Kapitän Ahab, das muss repariert werden.“ - Vera Oelschlegel, Schauspielerin.  

Ein Persönchen (166 cm, 55 kg) mit gestählten Selbstwertgefühl, das sich stellt - nicht nur ihrer umstrittenen ersten Lebenshälfte in der DDR, sondern auch dem Alter: „Alter war für mich ein Kosewort, das sich erst jemand verdienen musste, Alter war relativ, viele meiner älteren Freunde waren für mich, als ich noch 30, 40 war, total zeitlos. Und ich selbst wollte mit 20 so schnell wie möglich alt werden. Weil alt hieß: weise, fertig.“

In der Ex-DDR residiert sie mit ihrem dritten Gatten, Honeckers Kronprinzen Konrad Naumann in Wandlitz, urlaubt auf der Krim,  führt ein privilegiertes Leben. Nach der Wende will keiner die Genossin engagieren, also gründet sie 1991 ein Tourneetheater und ist seitdem auf Achse. Aus der „roten Socke“ wird eine couragierte Prinzipalin des “Theaters des Ostens“, die mit ihrer Truppe pro Tournee um die 10.000 km absolviert, und vier Touren pro Jahr im Bus unterwegs ist („da sitzt man sich den Po platt“). Bis jetzt gab es rund 1500 Vorstellungen auf mindestens 500 verschiedenen Bühnen. Ein Knochenjob. „Ich habe nie auch nur einen Cent bekommen an Subventionen und bin das Mädchen für alles.“ Markenzeichen? Theaterfassung großer Literatur, z.B. Herman Melvilles „Moby Dick“ (mit dem Protagonisten Ahab). Und: sie engagiert vor allem ältere Schauspieler („die noch ihr Handwerk beherrschen“), keine „pissigen Selbst-Darstellungskünstler“. Täglich anderes Hotelbett, dürftige Theatergarderoben, Leben aus dem Koffer. Warum tut sie sich das an? „Weil ich nichts anderes kann. Und mir nichts anderes vorstellen kann. Ist Theater nicht ein Versuch, das Leben zu multiplizieren? Außerdem zählt auf der Bühne die Ausstrahlung und die hat nichts mit dem biologischen Alter zu tun.  Ich weiß oft gar nicht, wie alt meine Partner sind, kenne lediglich die Altersspanne, die sie ausstrahlen. Mehr interessiert mich nicht.“

Gilt das auch jenseits der Bühne? „Na klar! Eine gute Freundin ist für mich jung – nicht zu verwechseln mit jugendlich! – weil sie neugierig, empfindsam, energiegeladen, mit einer starken positiven Ausstrahlung ist. Warum soll ich da nachdenken, ob sie 65 oder 85 ist? Es interessiert mich einfach nicht. Andererseits ...“ Sie lacht, aber so ganz unbeschwert klingt es diesmal nicht. Hinter ihr, auf einer weißen Wand, hängen fünf unterschiedlich kleine Bilder von Harlekins: Weiß geschminktes, zeitloses Gesicht, mit einer Träne an der Wange. Und dann kommt´s: „Eine 20jährige kann eine alte Hexe geben, aber ich keine Julia mehr!“

Der Kaffee duftet, die Zwiebelmustertassen hat sie von ihrer Großmutter geerbt. Zucker gibt's in diesem Haushalt nicht, Biomilch kommt aus der Tüte, das Schleppen von Flaschen fällt ihr schon schwer, auch wenn in den 19. Stock eines Berliner Hochhauses ein Lift fährt. Auf ihrem Stuhl liegt eine dicke Decke, damit sie mit ihren Gästen auf Augenhöhe sitzt.

Fakt ist, für ältere Schauspielerinnen gibt es kaum große Rollen außer bösen Stiefmüttern. Also übernimmt sie Männerrollen, zum Beispiel den grausigen Jorges in Umberto Eccos „Name der Rose“: „Mir ist aufgefallen, dass sich Frauen und Männer im Alter oft ähneln, man kann auf der Straße manchmal gar nicht genau sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, oder?“ Kurz nachdenken ... Stimmt!

Die großen Divas von einst konnten „reifen“, Sarah Bernhardt trat noch mit 79 und einem amputierten Bein auf. Herrscht heute nicht ein militanter Jugendwahn, der Alte aus dem Rampenlicht verjagt? Sie steht auf, macht ein Paar Schritte, als könnte sie beim Herumlaufen besser nachdenken: „Ich glaube, das Aussehen war schon immer wichtig.“ Neidisch auf Jüngere? Sie lacht: „Niemals! Warum sollte ich?“ Wegen der „Julia“-Chance?“ Das Kopfschütteln kommt ein Tick zu resolut: „Nein. Ehrenwort!“ Gut gespielt! 

Was ist mit dem Gedächtnis, lässt es nach? „Wenn man es seit ganz früh trainiert, funktioniert es eigentlich problemlos. Ich weiß gar nicht, wie viele Tausende von Seiten ich gespeichert habe.“

Sie wischt ein imaginäres Stäubchen von der Tischplatte – die automatische Bewegung einer guten Hausfrau. Einst in Wandlitz, dem Luxus-Ghetto der SED-Funktionäre, war Vera Oelschlegel die einzige Ehefrau, die kochte.

Was vermisst man in einer Zweizimmerwohnung? „Nichts. Ist schon erstaunlich, wie wenig man braucht, wenn man älter wird. Vieles, was früher im Mittelpunkt stand, ist ....pfff. Weg. Sogar das Interesse an Mode wird immer weniger.“ Ihr Pullover hat einen V-Ausschnitt, kein Schal verdeckt den Hals. Da wird nichts kaschiert, weder die Vergangenheit, noch die Falten.

Kann man sich auf das Alter vorbereiten? „Schon, indem man es nicht verdrängt, sondern annimmt. Und seine Kräfte ein bisschen geschickter einteilt als früher. Diese Wohnung kann ich, auch wenn es mir schlecht geht, sauber machen und in Ordnung halten...(lächelt) Leichtes Gepäck halt.“

Das Schönste am Alter? „Die Verschiebung von Gewichten: weg von Eitelkeiten, mehr Achtung vor der Persönlichkeit anderer, mehr Toleranz.“

Das Schlimmste? „Das Nachlassen der Kraft und die Einordnung der Gesellschaft in jung also super, und in alt also unbrauchbar, da trottelig.“

Werden Erinnerungen wichtiger als Erlebnisse? „Nein. Ich klemme sie untern Arm und nehme sie als kostbares Gut mit durchs Leben.

Ich will sie nicht missen, auch wenn sie sich sicher verändern im Laufe der Zeit, wenn sich der Blickwinkel unmerklich verschiebt. Mein Naturell bewahrt die schönen Erinnerungen auch konsequenter als die schlechten. Sie gehören zu dem leichten-schweren Gepäck, mit dem ich meinen letzten Weg gehen will.“

Werden Träume spannender als Nachrichten? „Die Nachrichten sind meist bitter. Da ich Optimist bin, müssen dann die Träume herhalten, dass es doch besser kommt, als gemeldet, als befürchtet.“

Was war früher besser? „Dass ich länger rennen konnte als heute. Und jünger war.“

Was bereut sie? „Ich weiß schon, was ich falsch gemacht habe. Die Unterschrift unter Biermanns Ausbürgerung – da habe ich voll daneben gegriffen. Bei der Wende bin ich ja auch sehr beschimpft und angefeindet worden. Da habe ich darüber nachgedacht, was ich falsch machte. Ja, einiges, aber dazu muss man stehen. Die Frage ist, kann ich mir in die Augen sehen. Die Christen haben es leicht, die reden mit ihrem lieben Gott und bitten um Nachsicht. Das kann ich nicht, ich muss mit mir selber reden und mir Antworten geben, ja oder nein. Und ich denke, ich kann mir in die Augen sehen. Und bin froh, dass ich an diesem Beruf immer festgehalten habe.“

Worauf ist sie stolz? Lange Denkpause. „Bin ich nicht, gar nicht.“